Rüstzeug gegen Mythen und Fakes
Dieser Text basiert auf Informationen aus einem Webinar von Herrn Harald Ebner (MdB seit 2011, Vorsitzender des Ausschusses für Natur, Umwelt und Reaktorsicherheit), sowie eigenen Recherchen.
1. Die AKWs wurden aus ideologischen Gründen abgeschaltet und das hat zu höheren Stromprei-sen geführt <=> das ist eine Falschaussage, weil:
- Der Ausstieg aus der Stromproduktion durch AKWs bis zum 31.12.2022 wurde auf Antrag der damaligen Bundesregierung (CDU/CSU+FDP) am 30.06.2011 mit 519 Ja Stimmen beschlossen.
- Hintergrund für diese politische Entscheidung war die Reaktorkatastrophe in Fukushima (Japan), die auf ein schweres Seebeben am 11.03.2011 zurückzuführen war.
- Die sog. Ampelkoalition hat 11/22 diesen Ausstieg auf den 31.03.2023 wegen der damals un-sicheren Energiesituation Deutschlands hinausgeschoben. Das betraf die letzten 3 AKWs, die damals noch in Betrieb waren, und die für maximal 6% der Stromversorgung Deutschlands hätten sorgen können. Tatsächlich wurden alle 3 AKWs vom 01.01.-31.03.2023 nur im Standby Modus gehalten.
- Ein über diesen Zeitpunkt hinaus andauernder Betrieb dieser 3 AKWs wäre sehr schwierig geworden, weil 1. kaum mehr Brennmaterial vorhanden war, 2. seit 2011 keine grundlegenden Modernisierungen, und 3. seit 2019 keine umfassende Betriebsprüfungen mehr stattgefunden haben.
- Die mittleren Stromkosten/kWh sind seit 01.04.2023 kontinuierlich gefallen; d.h. die Abschaltung der letzten 3 AKWs in Deutschland hatte keinen neg. Einfluss auf die Strompreisentwicklung.
2. Atomstrom ist billig <=> das ist eine Falschaussage, weil:
- Die Atomstromproduktion kostet mindestens 13,9-49 ct/kWh
- Stromproduktion aus erneuerbaren Energien kostet zwischen 3,2-14 ct/kWh (EU-Kommission Stromreport 2024)
- Die erheblichen Folgekosten für Zwischen-/Endlagerung des Atommülls und die Rückbaukosten für AKWs sind bei diesen Berechnungen nicht inkludiert.
3. Ein Wiedereinstieg in die Atomkraft ist ganz einfach <=> das ist eine Falschaussage, weil:
- Eine Wiederinbetriebnahme eines AKWs würde eine Neuzulassung notwendig machen. Die-ses Verfahren dauert mindestens 10 Jahre und kostet geschätzt ca. 1,5 Mrd. €/Reaktor insgesamt.
- Ein Neubau eines AKWs dauert bis zur Inbetriebnahme inklusive aller Verfahren mindestens > 35 Jahre und kostet mindestens > 35 Mrd./Reaktor.
- Alle bisherigen AKW-Betreiber lehnen sowohl einen Neubau als auch eine Wiederinbetriebnahme von AKWs ab.
4. Wir sind auf Atomstromimport insbesondere aus Frankreich angewiesen <=> das stimmt in der Kernaussage nicht, weil:
- Wir importierten 2023 ca. 2-7% Atomstrom 2023 aus Frankreich (Gesamtkosten ca. 1,1 Mio. €), exportierten europaweit ca. 8-24% Strom im gleichen Zeitraum. Das liegt in erster Linie an der europäischen Strombörse, denn dort wird der Strom europaweit zu den jeweils günstigsten Konditionen gekauft.
- Wir haben in Europa einen Stromverbund, d.h. es findet immer ein gewisser Austausch statt. Das gewährleistet die hohe Stromnetzstabilität. Das heißt aber nicht, von diesen Stromimporten abhängig zu sein.
- Im Nettoumsatz sind wir unabhängig von Stromimporten aus anderen Ländern, also nicht ab-hängig von Atomstrom (Das Gegenteil behaupten insbesondere Jens Spahn und Markus Söder wider besseres Wissen).
5. Die Atomkraft wird weltweit forciert und ausgebaut, nur nicht in Deutschland (das kommt vor allem von den Parteien BSW und AFD) <=> das ist eine Falschaussage, weil:
- 2023 wurden weltweit 5 AKWs neu in Betrieb genommen und 5 AKWs abgeschaltet (=Null-nummer)
- Die weltweiten Investitionen in erneuerbare Energien sind gegenüber Investitionen in AKWs ca. 10-1000x höher, z.B. China hat durch Investitionen in Atomkraftwerke (Umrüstung/Neubau) 2023 ca. 1GWh Strom zusätzlich produziert. Durch Investitionen in Solarenergie wurden 2023 ca. 200 GWh Strom zusätzlich produziert, durch Investitionen in Windkraft ca. 800 GWh , d.h. in China wird ca. das 1000fache in Strom aus erneuerbaren Energien gegenüber Atom-strom investiert.
- Der Hype der sog. SMR (small modular reactors) ist längst der Realität gewichen. Der letzte Versuchsreaktor wurde in Idaho (USA) 11/23 endgültig abgeschaltet – Begründung: zu teuer, zu ineffektiv, zu hohe Betriebs- und Folgekosten.
- Der Inbetriebnahme eines Kernfusionsreaktor wird in Deutschland seit 30 Jahren immer als frühestens möglich in ca. 30 Jahren beschrieben, also hoch spekulativ und von den zu erwar-teten Baukosten viel teurer als ein AKW. Bis heute gibt es weltweit nur Versuchsrektoren.
REFI e.V. informiert www.energieforum-isny.de
Freitag, 10. Januar 2025
6. Wir brauchen die AKWs gegen die sog. Dunkelflaute (das behauptet insbesondere Markus Söder) <=> das ist eine Falschaussage, weil:
- AKWs können nicht einfach ab-/angeschaltet werden. Sie sondern können höchstens ein klei-nes bisschen hoch-/runtergefahren werden, sind also denkbar ungeeignet, um schnell Strom bereit zu stellen. Dafür bestens geeignet sind Gas-/Wasserstoffkraftwerke und Batte-riestromspeicher, deren Preise massiv sinken, und die dezentral sehr gut einsetzbar sind.
7. Die Endlagerung für Atommüll ist kein Problem <=> das ist eine Falschaussage, weil: - Atommüll muss laut einhelliger Expertenmeinung ca. 1.000.000 Jahre sicher gelagert werden.
- Es gibt bis heute weltweit kein Endlager! Finnland wir das erste Land werden (vmtl. 2026-28). In Deutschland wird eine Inbetriebnahme frühestens 2065 erwartet. Es gibt noch keinen Standort und es existiert infolgedessen auch keine Kostenschätzung.
- Eine kommerzielle Wiederaufbereitung von Plutonium gibt es aktuell weltweit an 5 Standorten, mindestens 4 Wiederaufbereitungsanlagen wurden in den letzten Jahren stillgelegt, mindestens 6 Planungen wurden nie realisiert. Neben den sehr hohen Kosten und Risiken, sowie der Gefahr atombombenfähiges Material herzustellen zu können, produzieren auch diese Anlagen Atommüll, der endgelagert werden muss.
- Diejenigen, die vehement Atomstrom fordern, lehnen mit gleicher Intensität ein Endlager in Ihrer Region ab?!
- Isny, Januar 2025
gez. Guntram Fischer und Malte Natalis